Steuerberaterin Infothek Betriebliche Steuern Kleinunternehmer in der Umsatzsteuer nach § 19 UStG
Im Gegenzug können Sie jedoch die Umsatzsteuer, die Sie anderen Unternehmer zahlen müssen, nicht vom Finanzamt zurückfordern.
Kleinunternehmer in der Umsatzsteuer
Rechtsgrundlage für die umsatzsteuerliche Kleinunternehmerschaft ist § 19 UStG.
Bitte beachten Sie, dass die Kleinunternehmerschaft nur im Rahmen der Umsatzbesteuerung möglich ist. Für alle anderen Steuerarten wie z.B. Einkommensteuer, Gewerbesteuer, Körperschaftsteuer, Erbschaftsteuer, Schenkungsteuer gilt diese Regelung nicht. Wenn Sie also Kleinunternehmer im Sinne der Umsatzsteuer sind, müssen Sie dennoch Ihren Gewinn voll ertragsteuerlich versteuern. Eine Geringfügigkeitsgrenze gibt es nicht.
Wie funktioniert das Umsatzsteuer-System?
Wenn Sie „normaler“ Unternehmer sind, stellen Sie Ihren Kunden zusätzlich zu Ihrem Umsatz 19% Umsatzsteuer in Rechnung. Die Kunden zahlen die Umsatzsteuer an Sie. Sie leiten die Umsatzsteuer monatlich in Form von Umsatzsteuer-Vorauszahlungen an das Finanzamt weiter. Diese Vorauszahlungen werden dem Finanzamt in Form von Umsatzsteuer-Voranmeldungen monatlich mitgeteilt.
Da der Gesetzgeber nur den Endverbrauch mit Umsatzsteuer belasten möchte, können Sie die sog. Vorsteuer von der Umsatzsteuer abziehen. Vorsteuer sind alle Umsatzsteuerbeträge, die Sie anderen Unternehmern für Ihr Unternehmen zahlen.
Beispiel System Umsatzsteuer:
Unternehmer A betreibt eine Werbeagentur in München. Seine Kunden sind ausschließlich Unternehmer in München und näherer Umgebung. Sein Netto-Umsatz betrug im Mai 01 insgesamt 5.000 Euro. Hierauf hat er 950 Euro Umsatzsteuer von seinen Kunden erhalten.
Vorsteuern (Umsatzsteuer an andere Unternehmer) hatte er ebenfalls. Hier schlug insbesondere die Miete für sein Büro zu Buche (Netto 300 Euro, Umsatzsteuer 59 Euro), und weitere kleinere Aufwendungen, Umsatzsteuer insgesamt 159 Euro.
Der Steuerberater meldet dem Finanzamt im Rahmen der Umsatzsteuer-Voranmeldung die erhaltene Umsatzsteuer von 950 Euro abzüglich der Vorsteuer von 159 Euro.
A hat eine Umsatzsteuer-Vorauszahlung von 791 Euro an das Finanzamt zu leisten.
Wann ist ein Unternehmer ein umsatzsteuerlicher Kleinunternehmer?
Schätzt der Unternehmer, dass sein Umsatz im aktuellen Jahr (bzw. im Gründungsjahr) unter 22.000 Euro liegt und im Folgejahr unter 50.000 Euro, gilt der Unternehmer als Kleinunternehmer.
Keinen Umsatz stellen steuerfreie Umsätze und Umsätze aus dem Verkauf von Anlagevermögen dar. Steuerfreie Umsätze gem. § 4 UStG sind z.B. steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen, Ausfuhren oder die steuerfreie Vermietung einer Immobilie.
Die Schätzung stellt immer auf Verhältnisse zum Jahresbeginn ab. Schätzen Sie zu Jahresbeginn Ihre Umsätze zu negativ ein oder erhalten Sie im laufenden Jahr überraschend einen sehr großen Auftrag, ist dies unbeachtlich. Erst für Umsätze ab 1.1. des Folgejahres sind Sie in diesem Fall Unternehmer mit Regelbesteuerung (Umsatz + Umsatzsteuer erst für Rechnungen ab 1.1. des Folgejahres).
Beispiel 01 umsatzsteuerlicher Kleinunternehmer:
A ist Unternehmer, seine Umsätze betrugen immer zwischen 14.000 Euro und 17.000 Euro jährlich. Er bekommt im Jahr 08 überraschend einen größeren Auftrag, sein Umsatz betrug im Jahr 08 insgesamt 20.000 Euro. A ist ab dem Jahr 09 kein Kleinunternehmer mehr, da sein Vorjahresumsatz über 22.000 Euro betrug. Da er im Jahr 09 nicht mehr 50.000 Euro Umsatz erzielen wird, ist dies unbeachtlich. A muss ab dem Jahr 09 Umsatzsteuer in Rechnung stellen. Er unterliegt der sog. Regelbesteuerung. Für das Jahr 08 ist A Kleinunternehmer, er muss keine Umsatzsteuer abführen.
Vorsicht: Wenn Sie Ihr Unternehmen unterjährig starten, ist der Betrag von 22.000 Euro zeitanteilig aufzuteilen.
Beispiel 02 umsatzsteuerlicher Kleinunternehmer:
A macht sich als EDV-Berater selbständig. Er gründet sein Unternehmen zum 1.5.01 und rechnet für das Jahr 01 mit Umsätzen von 15.000 Euro und für das Jahr 02 mit 35.000 Euro. Er möchte die Kleinunternehmer-Regelung in Anspruch nehmen und meldet dies dem Finanzamt auf dem Fragebogen zur steuerlichen Ersterfassung. Umsatzsteuer stellt er seinen Kunden (mehrheitlich Privatpersonen) nicht in Rechnung.
Im Jahr 02 gibt er seine Steuererklärung für das Jahr 01 beim Finanzamt ab. Der Umsatz betrug 16.000 Euro, diese sind ihm im Jahr 01 zugeflossen.
Das Finanzamt teilt ihm mit, dass er die Kleinunternehmer-Regelung des § 19 UStG nicht hätte in Anspruch nehmen können. Die zeitanteilige Umsatzgrenze für das Jahr 01 betrug 11.666 Euro, seine Schätzung von 15.000 Euro Umsatz lag daher über diesem Betrag.
Auf den tatsächlich erzielten Umsatz kommt es nicht an (außer bei fahrlässig falscher Schätzung).
Aus den Umsätzen von 16.000 Euro hat A daher 19% Umsatzsteuer an das Finanzamt abzuführen (19% aus 16.000 Euro = 2.554 Euro).
Was bedeutet die umsatzsteuerliche Kleinunternehmerschaft konkret?
Nehmen Sie die umsatzsteuerliche Kleinunternehmerschaft in Anspruch, müssen Sie keine Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen. Im Gegenzug können Sie jedoch die Umsatzsteuer, die Sie anderen Unternehmer zahlen müssen, nicht vom Finanzamt zurückfordern.
Ist das gut für mich oder nicht?
Wie meist im Leben ist die Antwort hierauf: „kommt darauf an“. Wenn die Umsatzsteuer für Ihre Kunden Kosten darstellen, dann ist die Kleinunternehmerschaft gut für Sie. Das ist insbesondere bei folgenden Personengruppen der Fall:
1. Kunden sind Privatpersonen
Dies ist z.B. bei Dienstleistungen der Fall wie bei Friseuren. Die Kunden sind Endverbraucher, die 19% Umsatzsteuer stellen Kosten für den Kunden dar. Der Unternehmer kann als Kleinunternehmer seine Dienstleistung 19% günstiger als die Konkurrenz (Unternehmer mit Umsatzsteuer) anbieten. Oder aber er bietet seine Dienstleistung auf Konkurrenzniveau an und steigert seinen Gewinn um 19%.
Beispiel 03 Kleinunternehmer:
A ist als Hairdresser tätig, er arbeitet direkt beim Kunden und hat kein Ladenlokal gemietet. Seine Kunden sind Privatpersonen. Da der Vorsteuerabzug des A gering wäre, nimmt er die umsatzsteuerliche Kleinunternehmerschaft in Anspruch.
2. Kunden erbringen steuerfreie Lieferungen oder Leistungen
Nicht jeder Unternehmer muss Umsatzsteuer berechnen. Der Gesetzgeber hat einige Waren und Dienstleistungen umsatzsteuerfrei belassen. Bieten Sie nun für diese Unternehmer Leistungen an, können diese keinen Vorsteuerabzug ausüben. Wie bei Privatpersonen stellt die Umsatzsteuer Kosten dar, die die Leistung verteuert.
Das ist z.B. der Fall bei Leistungen für:
- Ärzte, die Heilbehandlungen anbieten
- Ärzten gleichgestellte Unternehmer wie Physiotherapeuten, Logopäden, etc.
- Zahnärzte ohne Laborleistungen
- Vermieter, die Wohnraum vermieten
- Wohnungsbaugenossenschaften
- Versicherungsmakler
- Vermittler von Finanzdienstleistungen
- Betreuung oder Pflege körperlich, geistig oder seelisch hilfsbedürftiger Personen
- Kinderbetreuung, Kinderpflege, etc.
Beispiel 04 Kleinunternehmer:
A ist Unternehmer, er ist als Unternehmensberater tätig. Seine Kunden sind meist Kindertagesstätten und gemeinnützige Vereine. Diese Kunden erbringen ausschließlich umsatzsteuerfreie Leistungen, welche nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind. A benötigt für sein Unternehmen kein Büro, er arbeitet im häuslichen Arbeitszimmer. Sein PKW ist bereits mehrere Jahre alt und eine Neuanschaffung ist nicht notwendig. Der potentielle Vorsteuerabzug für A ist eher gering.
Für A ist die umsatzsteuerliche Kleinunternehmerschaft grundsätzlich das bessere Modell, er sollte hierauf nicht verzichten.
3. Kunden sind umsatzsteuerliche Kleinunternehmer
Wenn Ihre Kunden umsatzsteuerliche Kleinunternehmer sind, haben diese keinen Vorsteuerabzug. Dann ist die Umsatzsteuer ein Kostenblock, der Ihre Ware oder Dienstleistung verteuert.
Welche Unternehmer sind mehrheitlich umsatzsteuerliche Kleinunternehmer?
- Existenzgründer
- Erbringung von Dienstleistungen wie Grafikdesign
- Nebenberuflich selbständige Unternehmer
Beispiel 05 Kleinunternehmer:
A ist Existenzgründungsberater. Er bietet seinen Kunden Hilfe beim Erstellen eines Businessplans, er erstellt Logos, Visitenkarten, Briefpapier, etc. für seine Kunden.
Seine Kunden sind mehrheitlich umsatzsteuerliche Kleinunternehmer, daher ist die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer für diese nicht abzugsfähig. Dies bedeutet, dass sich die Umsatzsteuer beim Leistungsempfänger als Kostenkomponente auswirkt und die Leistung somit verteuert.
A sollte die umsatzsteuerliche Kleinunternehmerschaft in Anspruch nehmen.
Wann ist es keinesfalls gut für mich, umsatzsteuerlicher Kleinunternehmer zu sein?
Nun, wenn Sie z.B. Händler sind und die meisten Waren und Dienstleistungen mit Umsatzsteuer belastet sind, aber auch, wenn Ihre Kunden ohnehin die Umsatzsteuer als Vorsteuer in Abzug bringen können. Oder wenn Sie es nicht wissen, aber sicher gehen wollen.
Beispiel 06 Kleinunternehmer:
A ist Unternehmer, sein Unternehmenszweck ist der Handel mit Büromöbeln. Die Kunden sind mehrheitlich Unternehmer mit Vorsteuerabzug. Da sowohl der Erwerb der Ware wie auch die Miete für Geschäft und Lager mit Umsatzsteuer belastet sind, wäre die Kleinunternehmerschaft nachteilig.
Muss ich meinen Kunden mitteilen, dass ich Kleinunternehmer bin?
Ja, Sie sollten bei Ausgangsrechnungen den Verweis auf die Kleinunternehmerregelung führen.
Hierzu genügt ein Satz „Kein Ausweis von Umsatzsteuer gem. § 19 UStG.“
Mein Kunde verlangt, dass ich 19% Umsatzsteuer aufschlage. Kann ich die Umsatzsteuer behalten?
Nein, das geht nicht. Wenn Sie Umsatzsteuer ausweisen, obwohl Sie Kleinunternehmer sind, müssen Sie diese an das Finanzamt abführen.
Ich möchte die Kleinunternehmer-Regelung des § 19 UStG in Anspruch nehmen und benötige eine Umsatzsteuer-Identifikations-Nummer. Geht das?
Ja, natürlich. Auch als Kleinunternehmer können Sie am innergemeinschaftlichen Warenverkehr teilnehmen und bekommen hierfür eine Umsatzsteuer – Identifikationsnummer. Aber beachten Sie: ein Vorsteuerabzug ist nicht möglich, wenn Sie die Kleinunternehmer-Regelung in Anspruch nehmen.
Wenn ich unterjährig oder im Nachhinein erkenne, dass ich besser auf die Kleinunternehmer - Regelung verzichtet hätte, kann ich das noch ändern?
Ja, Sie können bis zur Unanfechtbarkeit der Steuererklärung auf die Kleinunternehmer – Regelung verzichten. Bitte beachten Sie hierzu: die Erklärung auf den Verzicht bindet Sie für fünf Kalenderjahre.
Was mache ich, wenn ich mir unsicher bin?
Sind Sie sich unsicher, nehmen Sie eine Beratung durch einen kompetenten Fachmann oder einer kompetenten Fachfrau in Anspruch. Wir beraten Sie dazu gerne.